Samstags-MAHL-Zeit

Die mobile Vesperkirche heißt jetzt Samstags-MAHL-Zeit. Und das trifft es doch sehr genau. Es ist Samstag, es gibt ein warmes Mahl und wir nehmen uns Zeit, um sie den Menschen in der Schießmauer und anderswo zu schenken.

Heute gab es Putengeschnetzeltes mit Reis und Salat. Lisa und ich hatten genügend Zeit und besuchten unsere Freunde. Es ist Samstag Mittag. Das Frühstück war schon lange her, einige bereiteten sich auf die letzten Einkäufe vor.

Das Wetter ist herbstlich frisch. Auch unsere Freunde stellen sich auf den Herbst und den kommenden Winter vor. Ob alle ausreichend warme Winterbekleidung in ihren Zimmern haben? Kleidung die man auch noch tragen kann?

Beim letzten Termin war ja der Feiertag, darum gab es nichts offizielles. Lisa und ich hatten wirklich nichts besonderes vor, also haben wir einen Besuch in der Schießmauer gemacht und uns selbst eingeladen. Ich bekam einen Kaffee. Lisa hatte Bortsch gekocht und wollte diesen mit den russischen, aber auch anderen Bewohnern teilen. Ich wollte nebenbei ein Zimmer reinigen und begann damit, die herumliegenden Kleider vom Boden in Säcke zu verstauen, damit sie gewaschen werden konnten. Als das Zimmer begehbar war, schrubbte ich den Boden. Dann bezog ich das Bett neu. Dem Bewohner, der derweil im Krankenhaus lag wollte ich das Zimmer etwas schöner gestalten, damit die Rückkehr erfreulicher würde.

Es sind diese Liebesdienste, die einfach so anstehen. Wer macht es sonst? Wir möchten Hoffnung machen. Schließlich ist dieser Ort eigentlich kein Ort, an dem man gut und gerne lebt. Es sind Notunterkünfte. Die Bewohner brauchen Perspektive. Ich möchte hier einmal das Wort Integration in den Ring werfen. Ich wünsche mir, dass wir als Gesellschaft, als Stadt Herrenberg eine Integration dieser Menschen als Ziel definieren. Ich glaube, dass die Bewohner eine Chance erhalten müssen, aus diesen prekären, unwürdigen Wohnverhältnissen heraus zu kommen. Einerseits sind da wirklich Menschen, die einfach nicht hierher gehören. Mancher arbeitet. Andere bräuchten mehr Unterstützung, als lediglich eine Wohnung. Manche zuerst Therapie, um nach Abschluß wieder in den Arbeitsmarkt integriert zu werden und ihr Leben wieder selbstständig zu führen. Anderen ist das gar nicht möglich. Es gibt einen Nachbarn, der sich hier sehr engagiert. Wir sehen ihn immer wieder, wie er sich um diesen Menschen kümmert. Ohne diese Hilfe wäre dieser Bewohner wohl schon tot.

Es ist nicht leicht. Nicht für uns, nicht für die Stadt und nicht für die Bewohner. Da ist Scham. Da ist Verbitterung. Da ist Schuld. Da ist so viel unausgesprochen. Fangen wir an miteinander zu reden. Wenn nicht jetzt, wann dann?