Everything Matters

Unser Verein, der jetzt schon eine Zeit am Start ist, arbeitet ehrenamtlich. Wir investieren Zeit und Liebe in unsere Arbeit. Wir sehen einen Mangel in der Gesellschaft und versuchen diesen Mangel öffentlich zu machen. Wir arbeiten daran, Menschen Hilfen zu geben, und damit begegnen wir naturgemäß Menschen, die mehr oder weniger bedürftig sind. Diese Menschen haben alle eine Vergangenheit. Aber kennen wir ihre Geschichten?

Wir möchten erfahren, wer sie sind und das ganz bestimmt nicht aus einem voyeuristischen Bedürfnis heraus. Wenn wir ihre Geschichten kennen lernen dürfen, wenn sie sich öffnen, dann treten sie aus der Anonymität heraus, in der sie für gewöhnlich leben. Leben müssen.

Manchmal öffnen sie sich oder auch nicht, und wir drängen sie auch nicht. Sie haben ihre Würde und wir gehen immer respektvoll mit ihnen um. Und manchmal geben wir auch etwas von uns preis. So entstehen Beziehungen und Freundschaften. Ich nenne einige davon meine Freunde. Auch wenn nicht alle mich als ihren Freund bezeichnen würden. Aber sie sehen mich, uns und unsere Treue.

Als Verein müssen wir Grenzen wahren, aber als Einzelpersonen kommen wir uns näher. Auch wenn manche recht vorsichtig sind, sowohl von unserer Seite als auch von ihrer Seite, weil sie vielleicht ihre Erfahrungen mit „Institution“ gemacht haben, (auch wir repräsentieren so etwas wie eine Institution), ein gesundes Mißtrauen haben, lernen sie, dass wir uns nicht auf diese Professionalität reduzieren lassen. Und wir lernen. Wir begegnen ihnen als Menschen, wir möchten unser Herzen öffnen. Wir lernen sehr viel.

Wir tun das nicht, um uns besser zu fühlen. Wir wissen: wenn wir es nicht tun, macht es keiner.

Normalerweise geht man aneinander vorbei. Ihre Kreise und unsere Kreise sind nicht identisch. Aber durch unsere Arbeit, begegnen wir uns. Wir dringen in ihre Kreise ein. Wir bringen zum Beispiel Essen in ihre Häuser. Und einige kommen selbst und holen sich Essen ab. In ihren Lebenslagen, wie in unseren Lebenslagen begegnen wir uns und wir tun, was wir tun und sie tun, was sie tun.

Und natürlich menschelt es. Jeder Mensch hat sein mehr oder weniger kleines Ego und seine Bedürfnisse und seine Befindlichkeiten. Wir durften lernen, dass wir nicht perfekt sind, keine Superchristen und überhaupt, wer sollte darüber urteilen können, ob wir echt sind, oder fake? Es ist manchmal einfach lächerlich. Jeder weiß doch selbst, wo man versagt. Die Frage ist nun, wollen wir es verbergen oder vertuschen oder eine Rolle spielen?

Jedenfalls stehen wir immer wieder auf und tun unsere Arbeit, jeder so, wie es möglich ist. Wir bekommen keine Anweisungen und wir geben keine Anweisungen. Ich wünsche mir einfach, dass die helfenden Hände mehr werden und dass die Hilfesuchenden weniger werden. Nicht aus biologischen Gründen sondern weil sie wieder eigene Schritte gehen können und ihr Leben in den eigenen Griff bekommen. Wenn wir dabei helfen können, haben wir eine gute Arbeit geleistet. Everything matters. Alles zählt.