Wie weiter?

Der Mann, der am Samstag die Treppe herunter stürzte, lebt. Er ist nicht verblutet. Er hat aber auch keine Erinnerung. Nicht mal: da war doch was. Hier geht einfach alles seinen Gang. Es ist ein Gang, ein Weg, den wir nicht gehen wollten. Den wir nicht gehen könnten und den wir selbst unseren ärgsten Feinden nicht wünschen würden. Manchmal, wie zum Beispiel am Samstag, geschehen Dinge, die mich beschäftigen, ja sogar ein wenig mitnehmen. Das ist menschliches Elend, wie ich es nicht für möglich gehalten hätte, vor noch wenigen Jahren. Und jetzt bin ich mittendrin. Das Schicksal dieses Mannes ist eigentlich nichts weiter als schockierend. Sein Leben wird irgendwann enden und es wird in nicht allzu ferner Zukunft sein und es wird in seiner Tragik nicht einmal etwas heroisches haben, etwas an das man sich erinnern will. Es wird vielleicht ein Achselzucken, ein Aufatmen sein. Wer kann das sagen?

Heute steht in der Tageslosung zweierlei:

Gott der HERR spricht: Ich will noch mehr sammeln zu der Schar derer, die versammelt sind.

Jesaja 56,8

Gott, unser Heiland, will, dass alle Menschen gerettet werden und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen.

1. Timotheus 2,3-4

Wie ist das zu schaffen? Weder theologisch noch weltlich ist das ein Auftrag, den Menschen erfüllen können. Theologisch, als abstraktes Ideal vielleicht. Weltlich, denke ich, schlicht unmöglich. Da versagt der Humanismus. Die Argumentation wird auf ein diffuses Recht auf Verwahrlosung hinauslaufen. Und schon sind sie aus dem Schneider. Das sind die Humanisten auf der einen Seite. Die haushältigen Politiker, für die es schlicht gilt, die Kosten so niedrig, wie möglich zu halten, rechnen mit Euros, die sie für die Verwaltung der Stadt oder des Landes von der Gemeinschaft erhalten. Sie stehen auf der anderen Seite. Aber es gibt kein Gefeilsche. Zu laut. Und man weiß nicht, wie die öffentliche Meinung urteilen wird. Es sind einfach Kosten. Und sehr überschaubar. Es hängen auch Arbeitsplätze daran, darf man nicht vergessen.

Vielleicht sollten wir die Kosten-Nutzen Rechnung nicht anstellen, sondern versuchen, dieses Haus so schnell wie möglich zu schließen. Das wäre das Billigste. Wenn das nicht möglich ist, weil keine Sozialwohnungen bereit gestellt werden, muss die Notunterkunft neu konzipiert werden. Es handelt sich um Menschen. Die Stadt als Träger oder Eigentümer hat hier den früheren Container ersetzt, aber das war nur die Fassade. Qualitativ war das wenig bis gar nichts. Die Zimmer sind zu klein. Und es fehlt ein Sozialarbeiter, der Angebote machen kann. Auch das wird vermutlich nicht reichen. Aber es wäre ein Anfang. Und es ist nötig. Es kostet auf jeden Fall Geld.

Hilft das dem armen Mann? Vermutlich nicht. Aber es könnte ein Zeichen sein, für die übrigen Bewohner: Hier geht was, es gibt Hilfe. Sie brauchen einen Fürsprecher. Nicht nur ehrenamtlich. Dies ist ein Fulltimejob. Oder weniger ein Job. Vielleicht sogar eine Berufung. Hardcore-Sozialarbeiter.

Zurück zu Jesaja. Hier wird gesammelt. Vielleicht sammelt Gott hier schon. Und wir sehen eher die Hoffnungslosigkeit und das Elend. Die menschliche Müllhalde. Und sehen nicht die Schönheit, die Herrlichkeit. Ich sehe Möglichkeiten. In meiner Version sind das Menschen, die verrückt sind. Verrückt im Sinne von nicht an ihrem Platz. Noch nicht? Sie finden ihn auch nicht. Sie brauchen Hilfe. Und zu Timotheus. Das ist was für uns Christen. Gott will dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen. Müssen sie sich etwa selbst retten? Oder müssen wir Anstrengungen unternehmen? Spannende Antworten. Hier in Herrenberg.

Na, dös is net die Notunterkunft..