Liebe deinen Nächsten

Seltsam anders. Der erste Samstag nach langer Zeit ohne Samstagsmahlzeit, ohne Vespertaschen. Ein arbeitgeberfreundlicher 1. Mai war hierfür verantwortlich. Routinemäßig blickte ich morgens auf mein Handy und sah, dass Rene am Abend zuvor versucht hatte anzurufen. Es war noch recht früh, also rief ich nicht gleich zurück.

Die Ruhe tat gut. Kein Markt, kein Wertstoffhof, kein Edeka. Meine drei Stationen, bevor ich eigentlich zur Metzgerei Gerullis oder zur Süddeutschen Gemeinschaft oder zum Treffpunkt Schießtäle gehe. Mir fehlte etwas.

Stattdessen begann ich zu kochen. Ich hatte so eine Idee:

Coconut Paneer.

Paneer ist eine Art Käse: Milch zum Kochen bringen, Essig dazugeben, damit die Molke sich abtrennt und in einem Tuch auffangen, pressen und abtropfen lassen. Lisa schnitt Paprika klein, ich Zwiebeln und Knoblauch. Nachdem der Käse abgetropft war, schnitt ich ihn auch in kleine Würfel. Mit Garam Masala, Shahi Paneer Masala, Kashmiri Masala, Koriander, Salz, Kokosmilch ergibt das ganze ein leckeres Gericht.

Pineapple Curry.

Das ist mein neues Lieblingsgericht. Eine Frische Ananas in kleine Stücke schneiden. Zwiebeln fein schneiden. In Kokosfett anbraten und Senfsamen und Schwarzkümmel hinzugeben. Zwiebeln etwas anbräunen. Ananas hinzugeben. Ein paar Curryblätter, Chili, Currypulver, Salz, Kashmiri Masala, Kokosmilch und das wars. Das ganze etwa 15 Minuten köcheln lassen. Lisa machte noch Basmati Reis und das Ergebnis sah so aus:

Superlecker. Ich genoß jeden Bissen. Die Kombination aus süß und scharf. Echt neu, echt genial. Ich sollte mich mal hierfür loben.

Noch während des Essens rief Rene an. Er fragte, ob wir Samstag nächste Woche wieder kommen. Michael war im Hintergrund zu hören, der eigentliche Grund für Renes Anruf. Ich versicherte, dass wir nächsten Samstag wieder kommen werden. Es war wichtig für ihn. Er freut sich jedes Mal sehr und klang auch nicht allzu sehr enttäuscht, weil wir diesen Samstag „untreu“ waren. Eher erleichtert, dass wir am 8. Mai wieder kommen. Ich entschuldigte mich ehrlich für unser Fehlen und erwähnte nicht, was ich eben gegessen habe. Ich bin sicher, ein solches Essen bei Friends Time würde allen Gästen ebenso schmecken. Mehr als das. Ich überlegte ernsthaft, ob wir so etwas auch für 40 Portionen kochen könnten, wobei es eher 80 Portionen werden würden, weil jeder dieses Geschmackserlebnis wiederholen wollen würde. Als Doggybag mit nach Hause nehmen. Eingefrieren. (Lobe ich mich schon wieder?)

Ich hatte immer die Idee, dass Essen für unsere Freunde mehr sei, als die Anzahl an Kalorien, sondern dass jedes Essen irgendwie auch ein Ausblick in unser Königreich sei, das himmlische Jerusalem. Und dass das Kosten und Schmecken für jeden einzelnen eine Aufwertung bedeutet. Und ich denke weiter, dass unsere gemeinsamen Essen, Essen in der Gemeinschaft irgendwann (bald) wieder möglich sein müssen.

Unabhängig von hypotetischen Infektionsgeschehen oder Inzidenzen. Es gibt schließlich noch andere wissenschaftlichen Disziplinen und nicht nur pharmaabhängige Virologen. Es gibt andere Faktoren, die eine gesellschaftliche Priorität zurückbekommen müssen. Liebe deinen Nächsten.