Heart Of Gold

Manchmal vergesse ich einfach, dass sich der Meinungskanal verengt hat.

Umso mehr freue ich mich, mal wieder was zu posten, bevor die nächste Samstagsmahlzeit eintritt. Mein Urlaub kam noch dazwischen, also ist dieser Beitrag ist darum schon etwas älter. Meinen letzten Beitrag habe ich privatisiert. Man könnte ihn falsch verstehen wollen. Kann man im Übrigen alle. Meine Schreibe ist nicht aalglatt. Ich möchte mit meinen Artikeln zum Nachdenken anregen, vielleicht auch manchmal provozieren. Ich will das, was ich sehe und erlebe, in Bilder verwandeln. Manchmal gelingt es besser, manchmal weniger. Es bleiben Momentaufnahmen. Ich bin nicht distanziert und will das auch nicht werden. Meine Artikel beschreiben meine Beziehungen und meine Gedanken, die mir wichtig sind. Ich verstehe mich und diesen Blog nicht als Hofberichterstattung, und manche denken, einige meiner Gedanken sollten nicht zusammen mit so etwas tollem und wichtigen, wie unserer Arbeit vermischt werden. Dabei sind es vor allem Plädoyers für einen humaneren Umgang mit „diesen“ Menschen, unseren Freunden. Und manche machen ein Ding draus.

Chronologisch war Samstags-MAHL-Zeit und wir durften wieder zu unserer Schießmauer gehen, um eine Vespertasche zu bringen.

Der Samstag davor war unser Brunch – Godi in der Süddeutschen. Und noch eine Woche davor gab es die Samstags-MAHL-Zeit von der Metzgerei Gerullis. Und jetzt steht es wieder an.

Also, wo fange ich an? Ok, als wir zur Kalkofenstrasse kamen, konnten wir viele Leute begrüßen, die bei der Samstags-MAHL-Zeit mithalfen, die Taschen zu packen. Es ist schon eine tolle Atmosphäre und mein besonderer Dank gilt unbedingt denjenigen, die uns die Taschen einpacken, oder kochen oder beides. Aber nicht zu vergessen sind auch unsere anderen treuen Helfer und Fahrer, die diese Taschen dann an den Mann oder die Frau bringen.

Wir hatten uns wie immer die Schießmauer ausgesucht und konnten mit 14 Essen hinfahren. Wir wurden dieses Mal von Andrea und ihrem Sohn begleitet. Andrea, die eine engagierte Foodsharerin ist wollte sich mal ein Bild machen.

Real life experience. Das richtige Leben. Oder das Leben ganz unten auf der Wohlstands-Skala. Was auch richtiges Leben ist. Und auf jeden Fall ehrlich. Ungeschminkt.

Andrea hatte ihren Sohn dabei, der auf diese Situation eigentlich nicht vorbereitet war. Andrea hielt sich wacker und schien keine Berührungsängste zu haben. Sie überreichte mit ihrem Sohn jedem zu jeder Tasche außerdem einen Apfel und eine Schokokugel.

Es freute mich sehr, wieder mal zu erleben, dass es Menschen gibt, die hinschauen wollen, wo die Not ist und die sich auf etwas einlassen, auf das man unmöglich vorbereitet sein kann.

Wir trafen, bis auf wenige Ausnahmen, fast alle Bewohner an und konnten mit den meisten ein kurzes Gespräch führen. Bei Armin und Rene konnten wir auch ein Gebet sprechen, in dem wir um Heilung und Kraft baten und darum, dass sie ihre Sorge auf Jesus werfen können.

Die medizinische Situation der Bewohner ist unterschiedlich schlecht. Einem Bewohner geht es gar nicht gut, seine Lunge zickt rum. Irgendwas mit Pneumo. Ich bot an, ihn ins Krankenhaus zu fahren, aber so weit wäre es noch nicht. Ein anderer hat mir stolz seine Pläne für eine Reha gezeigt. Das freut mich sehr, war es doch mein Wunsch und meine Bitte, als ich ein oder zwei Wochen vorher, als er im Krankenhaus war, mit ihm darüber sprach. Manchmal muss man das Tempo seiner Freunde einfach akzeptieren. Vielleicht ist jetzt der richtige Zeitpunkt.

Michael, der immer sehr bedürftig ist, hat sich wieder sehr über seine Tasche gefreut. Er wohnt unter unhaltbaren Zuständen zusammen mit einem anderen Mann. Die Frage ist natürlich, ist er selbst Teil oder gar Verursacher seiner unhaltbaren Umstände? Er hat einen guten Freund in der Nachbarschaft, der ihm oft hilft. Auch er kam später vorbei. Wie man es allerdings in dieser Umgebung aushalten kann, ich meine, die Gerüche und so, ist mir schleierhaft. Michaels Wohnund ist im schlechtesten Zustand, den man sich denken kann. Aber man kann alles noch toppen und genau das passiert hier.

Dass die Stadt Herrenberg hier keine Abhilfe schaffen kann, wenn sie ihre Mitarbeiter mal herschickt, ist mir auch erst in den letzten Monaten richtig klar geworden. Die Polizei ist fast täglich präsent. Konflikte werden oft durch die Polizei geschlichtet. Für diese Situation gibt es keine abrufbaren Lösungen. Verweigern die Institutionen ihre Hilfe? Muss man auch erst schaffen. Oder sind sie schlicht überfordert? Oder müsste soviel Aufwand betrieben werden, um diese Zustände zu verbessern, dass man hier einfach nichts mehr tut?

Ich war bei verschiedenen Gelegenheiten vor Ort, und konnte erleben, wie die Polizei arbeitet und möchte an dieser Stelle ein Lob aussprechen. Ok, bis auf die Corona-Zeit, mit ihrer Umsetzung, wo Bewohnern Bussgelder verteilt wurden, die sie immer noch nicht zahlen können und für die sie jetzt eventuell sogar ins Gefängnis gehen müssen. Herz aus Gold?

Ein Zwischengedanke: In diesen Zeiten spricht man ja über die Impfpflicht, also genauer gesagt, einen Impfzwang. Wer der Impfung kritisch gegenüber steht, wird ausgegrenzt und diskriminiert oder wie ein Ex-Ministerpräsident sagte, ist raus. Hoecker, sie sind raus!

Das Beängstigende daran ist außerdem, dass sehr viele Menschen damit kein Problem hätten, gesunde Menschen deswegen einzusperren oder mit Gewalt zur Impfung abzuholen. Ob Medien oder Politik, zwangsimpfen ist in aller Munde. Die körperliche Unversehrtheit ist für diese Menschen kein Grundrecht mehr. Ist doch nur ein….

Ist doch nur, eine Zwangseinweisung, ist doch nur ein Zwangsentzug, ist doch nur zu ihrem Besten, könnte man sagen. Noch hat man hat keine Handhabe, Menschen zu zwingen, ihre gesundheitliche Situation (Sucht, Verwahrlosung, Borderline) zwangszutherapieren. Es gibt tatsächlich das Recht auf Verwahrlosung. Niemand darf gegen seinen Willen zu etwas gezwungen werden. Das kennt man nur von totalitären Staaten. Oder bald auch von einem überprotektiven oder fürsorglichen Staat?

Natürlich hat Deutschland diese schreckliche Vergangenheit???, in der Menschen andere Menschen als lebensunwert bezeichneten. Behinderte wurden zum Wohle des Volkskörpers euthanisiert. Jüdisches Leben war gänzlich unwert. Endlösung. Der Kollektivismus, der sich anmasste, dem Einzelnen, dem Individuum, einem Geschöpf Gottes sein Lebensrecht abzusprechen, ist eine unmenschliche Ideologie, die sich allerdings immer wieder neu verkleiden kann und immer neue, gute Meta-Ziele definiert, um sein böses Werk zu verschleiern.

Genau wegen dieser deutschen Geschichte, den Erfahrungen der Nazizeit, dieser Zeit der moralischen Verkommenheit, hat man versucht, diese Fehler nicht zu wiederholen und hat ein Grundgesetz geschaffen, das dem Individuum seine unantastbare Würde, seine körperliche Unversehrtheit, und andere Grundrechte zusichert. Wir sollten uns die Geschichte weiterhin vor Augen halten. Wachsam bleiben. Nie wieder…

Darum ist es ja so schwierig, Menschen, die keinen Boden mehr unter ihren Füssen haben, keine Wohnung, kein Eigentum, keine Familie, kein Leben, zu helfen, da die ersten Schritte aus dem Elend auch immer die schwersten sind. Erst wenn man möglicherweise ganz unten ist, und der Point-Of-No-Return erreicht wird, kann man diese Entscheidung treffen, also entweder gegen das Leben – aufgeben – oder für das Leben – zur Einsicht gelangen, dass man Hilfe braucht.

Dazu braucht man Hoffnung auf ein anderes, besseres Leben. Eine Alternative. Um dahin zu kommen, hilft manchen eine geschmeidige Substitution mit Opiaten, die helfen würde, die Gesamtsituation zu stabilisieren. Es ist möglich. Man muss es einfach nur ent-tabuisieren. Es soll helfen, zu helfen. Andere brauchen andere Angebote. Man braucht überhaupt Angebote. Und Vertrauen, dass man Hilfe erhält, mit Würde behandelt wird.

Genau das versuchen wir als Freunde e.V., als Süddeutsche Gemeinschaft mit unserem Brunch – Godi, dem Gabenzaun, der Samstags-MAHL-Zeit. Beziehung schaffen und Vertrauen. Wir, als Christen wissen, dass wir uns mit aller Sorge an Jesus wenden dürfen. Dass jeder Mensch eine Würde hat. Everyone is special.

Darum gibt es auch und speziell den Brunch-Godi, bei dem meist Micha, aber auch wir anderen eine Hoffnungsbotschaft senden und uns bemühen, Gottes Licht auszustrahlen. Wie toll Micha das immer schafft. Ich bin so oft persönlich berührt.

Wichtig ist auch die Kontinuität und die Treue und die Lockerheit mit der wir alle Angebote umsetzen, auch wenn im Detail sehr viel Arbeit dahinter steht. Die Arbeit wird immer wichtiger. Es wird allgemein rauer in der Gesellschaft, trotz aller Wokeness.

Die Liebe Gottes für seine Geschöpfe kann niemand wegnehmen. Und deshalb mache ich mir keine Sorgen.