Be like David. Brunchgodi(s)

Januar 2021. Es wird kälter. Winter. Dark Winter. Unwirklich. Alles vollkommen anders. Brunch im 11. Jahr. Mit diesen neuartigen Hygienevorschriften darf man ja eigentlich gar nichts mehr. Jeden Monat fragen wir uns, ob sie unseren Brunchgodi überhaupt stattfinden lassen. Und ich bin jedesmal froh, wenn er stattfindet.

Zuerst stand die Frage im Raum, wo wir ihn stattfinden lassen können: Seit Oktober oder November(?) ist er jetzt oben im Gottesdienstraum.

Wir tun wirklich alles, um ihn stattfinden zu lassen. Änderungen an der Form wurden notwendig. Der Gesetzgeber oder die Landesregierung oder irgendeine beliebige Organisation bestimmt und ordnet an, wie unsere zwischenmenschlichen Beziehungen gestaltet werden müssen. Dank des heldenhaften Mutes unseres Micha, konnten wir die letzten Male im Saal der Süddeutschen Gemeinschaft zu Gast sein. Was wäre die Alternative?

Noch im November stellten wir Tische und Stühle auf. Es gelang uns, genügend Distanz zwischen den Tischen zu schaffen. Wir bedienten unsere Gäste noch. Doch auch das dürfen wir nicht mehr. Es geht nicht mehr um Nähe, sondern um Distanz. Wir beten für unsere Gäste, die kommen und für die, die es nicht schaffen. Wir beten für unsere Kranken. Seelisch oder körperlich krank. Wir beten für reichlichen Segen, für gute Gemeinschaft und Gespräche. Wir wussten, dass dies nicht einfach werden würde.

Unser Bedürfnis, unseren Freunden Nahe zu sein und ihnen nicht nur belegte Brötchen und eine warme Mahlzeit zu bieten auf der einen Seite. Auf der anderen Seite unsere Freunde aus Herrenberg und Umgebung, die treu kommen, sofern es ihnen möglich ist, weil auch sie ein tiefes Befürfnis haben. Wir sind uns gar nicht so unähnlich. Wir alle wünschen uns Heil. An Leib und vor allem an Seele. Und jetzt achten wir auf Distanzen. Keine Umarmungen. Nicht einmal Händeschütteln.

Wir haben etwas Besonderes. Wir suchen Gemeinschaft mit Menschen am Rand. Wir würden uns auch über Menschen der Mitte und anderer Ränder freuen. Ich glaube, der Brunchgodi könnte etwas, wie das Beggars Banquett werden. So wie in einem Gleichnis Jesu, wo er von einer Hochzeit erzählt und wo die Eingeladenen alle keine Zeit haben, Dinge erledigen müssen, Geschäfte machen. Und dann werden wir losgeschickt und laden Menschen von der Straße ein, Hungernde, Säufer, Junkies, Psychos, Behinderte, Defekte. Wir begleiten sie. Wir nehmen Anteil. Das ist keine Selbsthilfegruppe. Eher Survivaltraining. Ein Ort des Friedens in einer verlorenen Welt. Und jetzt verkompliziert sich alles und wird … schwieriger. Man sollte alles ignorieren. Nur leicht ist das nicht. Aber was ist heute schon leicht?

Eine neue Zeit, oder ist es schon die neue Weltordnung? Man muss bei allem hinterfragen: „Ist das erlaubt?“ Oder „Verstosse ich gegen irgendeine Regel?“ Sogar so etwas schönes, wie unser Brunch muss sich unterwerfen. Natürlich, um das Gesundheitssystem zu schützen, oder unsere Eltern zuhause oder in Heimen. Und natürlich unsere Vulnerablen. Wir schützen unsere Umwelt, indem wir uns als potentiell krank definieren und uns Masken aufsetzen, die zwar kein Schutz vor Viren sind, aber vor Aerosolen. Angeblich.

Diese Aerolose werden nun nicht frontal, sondern seitlich abgelassen. Aber egal. Interessiert eh keinen. Wir halten nun Abstand. Jeder ist ja potentiell krank. Wir desinfizieren uns. Überall stehen Desinfektionsmittel herum. Die Konsequenzen? Infektionen führen zu Lockdowns. Quarantäne. Noch mehr Isolation. Keiner ist krank. Aber eingesperrt. Bullshit-Bingo: verantwortungsvoll, aufeinander achtgeben, solidarisch (weitere Gewinner:…)

Zurück zu unseren Gästen, unseren Freunden. Sie gehören zu denjenigen, die am wenigsten Schuld an dem China-Virus, der Krone der Viren, dem königlichen Virus haben. Viele verstehen gar nichts mehr und nehmen es einfach hin. So wie sie alles hinnehmen. Sie haben nichts zu sagen in unserer Gesellschaft. Die Maske ist das letzte Shutup.

Rückblick: Schon unser Grill-Brunch war im Vorfeld durch Gerüchte in ein schlechtes Licht gerückt worden. Ein Brunch im Sommer war hierfür der Grund, als wir Tische auf der Wiese aufstellten, aber kein Verzehr erlaubt war. Es war einfach nicht richtig. Auch in mir sträubte sich etwas bei der Vorstellung,  es könnte nochmals so werden. Irgendwie war das die Angst nicht nur von mir. Zum Glück konnte der Grill-Brunch in einer würdigen Form stattfinden. Aber Gerüchte sind hartnäckig. Auch, wenn sie meist nicht wahr sind.

An den vergangenen Samstagen entschieden wir uns, den Saal zu nutzen. Das bot uns einmal die Möglichkeit, Tische im Raum aufzustellen und so eine gewisse Distanz zu gewährleisten. Zuerst belegten unsere Mitarbeiter Brötchen und garnierten die Teller. Als die ersten Gäste kamen, beteten wir noch kurz in der Küche für gute Gemeinschaft, gute Gespräche, offene Herzen und für unsere Freunde.

Statt eines Buffets wollten wir unsere Gäste bedienen. Wir brachten die Teller zu jedem einzeln an den Platz, schenkten Kaffee ein und konnten so eine neue Erfahrung machen. Zum ersten Mal (für mich jedenfalls) kamen wir so in eine dienende Rolle hinein. Zwar waren wir schon früher immer um das Wohl jedes einzelnen interessiert, aber ich empfand es jetzt persönlicher. Mich berührte es.

Auch wenn ich es früher nicht so empfand, dieses Mal entfiel bei unseren Gästen das Teller aufladen. Manch einer lud den Teller übervoll auf. Vielleicht wegen Hunger, vielleicht aus Angst, nicht genug zu bekommen. Oft wurden dann Teller zurückgegeben oder abgeräumt, die gar nicht geleert waren.

Hunger ist ganz sicher ein Thema, denn mehrere Gäste baten um einen weiteren Teller, den wir gerne zu ihm oder ihr brachten. Durch die neue Tischordnung konnte an jedem Tisch ein oder zwei Mitarbeiter sitzen und mit unseren Gästen ins Gespräch kommen. Es war insgesamt ruhiger, als im Jugendcafe. Auch offener.

Micha hatte keine Probleme, seine kurze Andacht zu halten, in der er König David, wie beim Grillbrunch, in den Mittelpunkt stellte. Beim letzten Mal der Gedanke, dass Gott auch Menschen wählt, die keiner auf dem Schirm hat. Dieses Mal, warum David so sehr als Vorbild dienen kann, weil er Gott so sehr liebt, trotz all seiner eigenen Fehler und bei Gott Gnade findet. Naturgemäß gibt es immer Widerspruch oder Diskussion zum einen oder anderen Punkt. Das ist aber sehr normal.

Statt einer traditionellen Suppe, gab es Kuchen von Moni und Elisabeth. Zudem noch Eis am Stiel.

In meinen Gesprächen kam es zwangsläufig auch zum Thema, wann wird wieder eine normale und gesunde Zeit zurückkehren. Das wird auch zum Teil kontrovers. Hier müssen wir aufpassen, dass wir uns nicht auseinander dividieren lassen dürfen. Ob und wie sinnlos manche Dinge sind, kann man rational diskutieren. Manche sprechen Dinge aus, die andere gar nicht denken können. Am Ende jedoch, sollten wir wissen, dass Gott die Kontrolle hat. Als Christen haben wir keine Angst. Weder vor einem tödlichen Virus, noch vor einem endlosen Lockdown. Nach der Pandemie wissen wir mehr.

Die letzten beiden Male durften wir nichts mehr verköstigen. Es gab Vespertaschen. Weihnachten gab es zusätzlich kleine Geschenke. Die Hygiene, die Angst und eine Mischung aus Eifer und vorauseilendem Gehorsam ala, „in diesem Haus wird es keinen Ausbruch geben“. Wobei man sagen muss, es kommen Vulnerable, deren Körper, die besseren Zeiten hinter sich haben. Wir dürfen in diesen Zeiten nicht in den Ruf gelangen, wir würden unsere Gäste vorsätzlich in Gefahr bringen oder gar ermorden.

Das Virus, ein Jahr jung, wenn man den Chinesen glauben schenken will. Einfach unglaublich, was es geschafft hat: Alle anderen Krankheiten sind in den Hintergrund gerückt, obwohl dieses Virus nur 3% der Todesursachen stellt, wenn man diese Zahl unwidersprochen hinnimmt. Dafür gibt es keine Grippe mehr. Viele sagen, Corona hat auch gute Seiten. Das ist eine davon. Wie sich allerdings die Menschen, die Gesellschaft veränderten, das hat absolut nichts Positives. Man celebriert Social Distancing, als ob das das Normalste auf der Welt ist. Auch die Maske hat eine transformierende Kraft. Sicherlich sind manche froh, sie zu tragen. Man muss nicht mehr eitel sein. Alles sieht gleich, sorry, beschissen aus. Es macht Sinn, Friseure zu schließen, denn Maske verunstaltet immer den Kopf. Das kann auch eine Frisur nicht aufwerten.

Menschen. Glauben. Schenken. Oder Gott.

Gestern: Danke der Süddeutschen Gemeinschaft Herrenberg, dass wir unseren Brunchgodi feiern durften. Mit Registrierung. Ohne Vorort-Verköstigung. Natürlich. Mit Distanz. Ohne Singen. Ohne Umarmung. Ohne vieles, was unseren Brunch so eigenartig und einzigartig gemacht hat. Es kommen Menschen. Immer noch kommen Menschen, um Gemeinschaft zu haben. Manche kommen nicht mehr. Ertragen es nicht, dass auch hier die rigorosen Hygiene-Erlasse über dem Paulus Gebot: „So grüßet euch mit dem heiligen Kuß der Liebe“ stehen. War sowieso nicht jedermanns Ding. Aber der Brunch war für ganz viele, für Uschi, für Meli, für Armin und Rene und Ewald und so viele immer mehr, als Abfüttern. Es war Respekt. Es war Achtung vor unserem Mut. Wie wir nicht nur unser Haus öffneten, sondern auch unsere Herzen. Und sie ließen es sich gut gehen und nahmen auch Michas Andacht mit und akzeptierten sein Bedürfnis, ihnen von Jesus zu erzählen. Bei Micha klang das authentisch. Anders als bei Fake Christen. Und Richard und Elsbeth und Wolfgang und Elisabeth und Kurt und Franziska, die immer kamen, um eine Suppe, (etwas warmes braucht der Mensch), kochten, ein Ohr liehen, und jedem ein Gefühl von ZUHAUSE gaben, von Familie, wow, genau das war es.

Willst du dich in Jesus Arme fallen lassen?
Trotz Stolz doch Vertrauen in Jesus

Wie war es? Doris und Elke spielten zu Beginn drei Lieder. Danke. Micha hielt eine Andacht zum Thema klammern. Halt suchen in weltlichen Dingen. Familie, Wohnung, Arbeit, Geld, Freunde. Und wie fragil so ein herkömmlicher Halt ist. Wir klammern uns daran und sind ausgelaugt. Irgendwann. Wir klammern und es entschwindet. Und dann der Halt in Jesus dem Fels. Im Eckstein, im Fundament, im Ursprung. Arms wide open. Die Arme weit.

Ich muss an „Darmok“ denken. Die Arme weit. Kaum eine Geschichte aus Startrek hat mich mehr berührt, eventuell noch die Geschichte „Das zweite Leben“ und drückt aus, was ein Leben mit Jesus bedeuten kann. Sobald der Vorhang fällt, die Augen geöffnet sind. Oder wenn man ein zweites Leben geschenkt bekommt.

Lilly aus Rohrau hat gekocht. Ulrike und ihre Tochter haben Kuchen gespendet. Unseren Freunden wurde eine unserer Vespertüten überreicht. Am Gabenzaun wurden Kleiderspenden ausgelegt. Noch während wir unten beim Gabenzaun standen kam Kim und Dennis und haben Lebensmittel gespendet. Einen ganzen Kofferraum voller Lebensmittel für den Gabenzaun. Die Solidarität ist wirklich groß. An dieser Stelle herzlichen Dank an die Spenderin. Danke an alle, die mitgewirkt haben. Trotz all den echt kranken Umständen war dieser Brunch ein Segen für die Gäste, aber auch für uns Mitarbeiter.